Angedacht

Im Fokus

Auf dem ersten Höhepunkt der Corona-Epidemie vor drei Jahren begannen wir in der Peter-und-Paulskirche mit der Aufnahme erster Gottesdienst-Videos fürs Internet. Nach einer Aufnahme von Personen vor dem Altar mussten wir bei der Kontrolle feststellen, dass die Personen ziemlich verschwommen aufgenommen worden waren. Es dauerte eine Weile, bis wir die Ursache feststellen konnten: Die Gesichtserkennung der Kamera hatte auf Jesus am Kreuz scharf gestellt und nicht auf die Personen vor dem Altar.

Eigentlich super – musste ich damals denken, dass Jesus für die Kamera am wichtigsten war.

Dieses Erlebnis fiel mir jetzt wieder ein, als ich den Monatsspruch für März aus Römer 8,35 las: „Kann uns noch irgendetwas von Christus und seiner Liebe trennen?“ Ja, natürlich kann uns vieles an der Liebe Gottes zweifeln lassen: Leid, Krankheit, Angst, Einsamkeit, Zweifel und die Verzweiflung über den Zustand dieser Welt.

Das weiß auch Paulus, und er zählt einiges  auf,  was  uns  an  der  Liebe Gottes zweifeln lassen kann.

Trotzdem beantwortet er dann die von ihm selbst aufgeworfene Frage so: „Ich bin ganz sicher, dass nichts uns von seiner Liebe trennen kann.“ (Römer 8,38).

Paulus ist sich so sicher, weil er auf Jesus Christus am Kreuz fokussiert. Dort schaut uns einer an, der gleichzeitig liebt und leidet. Seine Liebe ist eine leidende Liebe und deshalb eine so besonders wertvolle Liebe. Wenn Jesus uns durchs Leiden hindurch liebt, dann kann auch unser Leiden nicht zwischen ihn und uns treten, dann kann uns wirklich nichts von seiner Liebe trennen. Seine Liebe ist stärker als das Leiden und überwindet das Leiden. Seine Liebe ist sogar stärker als der Tod, denn an Ostern hat Jesus den Tod besiegt.

Für die nun beginnende Passionszeit habe ich mir vorgenommen, stärker auf Jesus zu fokussieren, im übertragenen Sinn die Gesichtserkennung einzuschalten. Denn im leidenden Gesicht von Jesus sehe ich das liebende Gesicht Gottes. Wenn ich dieses Gesicht ansehe, dann beantwortet sich die Frage eigentlich von selbst: „Kann uns noch irgend-etwas von Christus und seiner Liebe trennen?“

Eine gesegnete Passionszeit wünscht Ihnen Ihr Pfarrer

Joachim Rieger